Melanie
28.11.2025 um 14:33Uhr

Stressabbau

Liebe Runde, Fina wohnt seit sieben Monaten bei uns. Sie kommt aus dem Tierschutz, wuchs im Shelter auf und hat dementsprechend eine schlechte Sozialisierung. Wir mussten mit ihr alles „neu“ kennenlernen und es ging nur langsam voran, aber sie machte gute Fortschritte. Durch ein privates Chaos sind wir nun leider etliche Schritte zurückgeworfen. Bzw hat sie mir gegenüber nun eine Unsicherheit entwickelt, die es bisher nicht gab. Sie ist sehr sensibel bezüglich Stress und ich habe auch an mir durch viele fordernde Wochen stressreaktionen gemerkt, die sie vermutlich umso intensiver wahrnimmt. Unsere Routinen funktionieren aktuell nicht, da ich sie nicht mehr anfassen kann. Wenn dann nur beiläufig. Da wir eine Garten haben, können wir zum Glück dort auch zusammen etwas spielen (mit Spielzeug und sozial). Spaziergänge sind aber nicht möglich. Allerdings wirkt sie im Garten sehr aufgedreht im Vergleich zu vorher. Suchspiele machen wir drinnen und draußen und auch Tricktraining funktioniert, allerdings nur draußen. Habt ihr Ideen was ich noch machen kann. Oder ist weniger mehr? Vielen lieben Dank im Voraus! 🫶

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Michael
29.11.2025 um 09:46Uhr

Hallo Melanie "Privates Chaos" kann immer mal passieren und auch seinen Seelenzustand kann man nicht immer komplett kontrollieren. Solange man dabei nicht unfair, dem Hund gegenüber, ist und seinen Frust nicht zum Dauerzustand werden lässt, wird der Hund einem diese "Schwäche" verzeihen. Fina ist vom Alter her in einer Umbruchphase und es kann auch gut sein, das ihre Nervosität ein Charakterzug ist, den sie jetzt erst zeigt. Tierschutzhunde bleiben oft für Monate in einer Art Zurückhaltung, bevor sie nach und nach auftauen. Für mein Gefühl solltest du Fina etwas mehr "ignorieren". Du solltest sie die Interaktion mit dir suchen lassen und weniger selbst auf sie eingehen und zugehen. Sobald sie freundlich Kontakt zu dir sucht, solltest du das bestärken, dabei aber ganz ruhig und gelassen bleiben. Lass zuhause mal das Geschirr dran und eine Hausleine dran hängen. Das sie im Zweifelsfall nicht hören muss und du keinen Zugriff auf sie hast, sollte sich nämlich auf keinen Fall etablieren dürfen. Mit dauerhaften Geschirr und Hausleine wird sie den Spaziergängen mit dir nicht mehr ausweichen können. Die gemeinsame kontrollierte und geregelte Zeit ist extrem wichtig für euch. Nur so kann sie begreifen das du immer führst, ihr aber auch immer ein zuverlässiger, souveräner Partner bist. Sonst wirst du zum gleichgestellten Spielgefährten, was eurer Beziehung schaden würde. Beharrlichkeit, Ruhe und Souveränität ist das was sie jetzt bei dir entdecken und verinnerlichen muss. Auf eine konsequente aber immer freundliche Art und Weise. Nur Geduld, 7 Monate mit dir sind, für einen so aufgewachsenen Hund, mitten in der Pubertät, keine lange Zeit. Da ist noch alles drin. LG Micha

Melanie
29.11.2025 um 10:59Uhr

Vielen Dank für deine umfangreiche Antwort! Die Kontaktaufnahme habe ich immer positiv bestärkt und sie ist auch schon deutlich entspannter, aber immer noch skeptisch. Hast du eine Empfehlung für eine Hausleine, die beißfest ist? Ich habe es ganz am Anfang versucht, aber die Leine hatte eine Halbwertszeit von 30 Sekunden…

Michael
29.11.2025 um 11:10Uhr

Ich habe mit meinem Troll auch so einen Skeptiker zuhause. Die Vergangenheit unserer Hunde ist auch sehr ähnlich. Es hat zwei Jahre gedauert bis ich den Durchbruch endgültig geschafft hatte, auf rein geduldige Art. Kauf dir eine Rolle Kordel im Baumarkt und einen kleinen Karabiner den du dran knoten kannst. Da kannst du dir die Hausleinen von abschneiden, die Enden kurz mit dem Feuerzeug verschweißen und hast genügend Material bis zum Erfolg.

Melanie
2.12.2025 um 14:33Uhr

Hallo Michael, vielen Dank für das Teile deiner Erfahrungen und Tipps! So etwas ist wirklich wertvoll! Hier ein kleines Update: insgesamt ist Fina im Haus und auch im Garten deutlich ruhiger geworden. Ich hatte vom Tierarzt noch Relax-Tropfen auf pflanzlicher Basis bekommen. Ergänzend dazu war der Fahrplan: ignorieren, Kontaktaufnahme belohnen, klare Kommunikation von Grenzen (und darauf bedacht auch im Haus sicherer aufzutreten- vllt bin ich, aufgrund des Verhaltens, doch etwas vorsichtiger geworden), Training und neue Tricks (das macht ihr wirklich Spaß und ich merke förmlich, wie das Vertrauen wächst und sie mutiger wird), Leine/Geschirr/Halsband liegen präsent im Haus und es gibt drumherum und auch mit Utensil in der Hand Kekse bzw. „Superkekse“, damit sie richtig Lust auf Halsband und Co. bekommt. Da sie zunehmend Vertraue aufbaut, versuche ich es so noch etwas - insgesamt: sie bekommt die Zeit, die sie braucht und ich versuche mich an einer gelassenen Haltung (mir hat übrigens Ruhe, Meditation, Atemübungen geholfen). Kuscheln und streicheln ist immer mal wieder zwischendurch. Sie ist trotzdem noch skeptisch, aber hat es auch ab und an schon eingefordert. Gerne berichte ich, wie es weitergeht. Es gibt ja vllt doch die/den eine/n mit Interesse zu dem Thema.

Michael
2.12.2025 um 18:01Uhr

Das freut mich. Ja, es liegt tatsächlich viel an uns selbst und dabei an winzigen Stellschrauben. Auch mein Troll hat mir gelernt gelassener und geduldiger zu werden. Obwohl ich schon einige Hunde hatte, aber eben noch keinen Skeptiker. Troll ist auch allen anderen Menschen gegenüber weiter skeptisch, echten Zugang und grenzenloses Vertrauen bekommen nur meine Frau und ich. Ein besonderes Verhältnis, besonders schön und intensiv.

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